Warenbörse als Wissensbörse: Die Konfiguration von Wissenstransferdynamiken am Fallbeispiel der London Metal Exchange

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 2.104
Autor*innen
Phuong Nam Nguyen (Universität Jena)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag charakterisiert Warenbörsen als Wissensökosysteme mit translokalen Verbindungen und stellt auf Grundlage empirischer Befunde vom Fallbeispiel der London Metal Exchange dar, wie Wissenstransfer durch die eingebettete Netzwerkstruktur organisiert wird.
Schlag­wörter
#weltmärkte #warenbörsen #wissenstransfer

Abstract

Warenbörsen sind Orte an denen Angebot und Nachfrage ein Equilibrium bilden. Obwohl viele von ihnen historisch gewachsene Orte mit lokalen Verflechtungen sind, adressieren sie zugleich ein translokales und globales Publikum. Als feste Bestandteile von grenzüberschreitenden Warenströmen haben sie sich als Handelsknotenpunkte der Globalisierung etabliert. Da für den Austausch von Waren und Kapital oft spezifisches Wissen benötigt wird, lässt sich dieses immaterielle und mobile Gut auch an Warenbörsen wiederfinden. Obwohl in der wirtschaftsgeographischen Literatur zahlreiche Beispiele für räumliche Untersuchungen zu diversen Märkten vorliegen, sind Warenbörsen als Analysegegenstand davon bislang weitgehend ausgenommen. Vor allem eine wissensbasierte Betrachtungsweise dieser Orte findet kaum Anwendung. Aus diesem Grund beschäftigt sich dieser Beitrag mit der Rolle von Warenbörsen als Ökosysteme konzentrierter Wissensdynamiken parallel zum Netzwerkdenken. Dabei liegt der Fokus auf der Mikroebene, da sowohl die Wissensgenese als auch der Wissenstransfer, insbesondere im Kontext von komplexem Wissen, eng mit sozialen Interaktionen verknüpft sind. Zudem treten diese Prozesse nicht nur auf der organisationalen, sondern auch in Communities oder individuellen Ebene in Erscheinung. Vor diesem Hintergrund geht der Beitrag auf den Aufruf der Session ein, Beziehungsstrukturen von Märkten auf globaler Ebene sichtbar zu machen. Konkret soll mithilfe des Fallbeispiels der London Metal Exchange empirisch aufgezeigt werden, i) welches Wissen an der Warenbörse zirkuliert und ii) in welchem Netzwerk bzw. welchen Akteurskonstellationen bestimmtes Wissen ausgetauscht wird. Methodisch stützen sich die Ergebnisse auf ein qualitatives Forschungsdesign mit 32 problemzentrierten Interviews sowie komplementären Beobachtungen, die zwischen 2021 und 2023 durchgeführt wurden. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich Wissen innerhalb dieses Ökosystems nicht gleichermaßen auf alle Teilnehmenden überträgt. Im Gegenteil spielt die Angehörigkeit eines Akteurs zu seiner Subcommunity innerhalb der übergeordneten Gemeinschaft der Warenbörse eine wesentliche Rolle. Ein reichhaltiges Netzwerk lässt sich in diesem Kontext nicht nur als Asset im Sinne von Quantität (Zugang) sowie Qualität des erworbenen Wissen übersetzen, sondern beinhaltet auch eine zeitliche Komponente, denn die Schnelligkeit der Wissensakquise kann Wettbewerbsvorteile zur Folge haben.