Was ist der Mensch? Zur Problematik des Konzepts der Menschenrechte

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 18:15–19:45
Sitzungsraum
SH 0.105
Autor*innen
Nicola Richter (Universität Jena)
Kurz­be­schreib­ung
Der Vortrag behandelt die Problematik der Kategorie ‚Mensch‘ anhand zweier Beispiele. So gelten Menschenrechte nur für als ‚Menschen‘ definierte Individuen und können daher einen exkludierenden Charakter haben. Aufgrund dieser Problematik wird die Alternative diskutiert, im Kontext geographischer Fragestellungen von ‚Personen‘ statt von ‚Menschen‘ zu sprechen.

Abstract

Der Vortrag behandelt die Problematik der Kategorie ‚Mensch‘ für die Geographiedidaktik. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist das Ergebnis einer langen historischen Entwicklung und eines bis heute andauernden Prozess der kulturellen und politischen Auseinandersetzung. Die Menschenrechte spiegeln die Vorstellung wider, dass alle Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder anderen Unterschieden bestimmte Rechte und Freiheiten besitzen sollten, die durch den Staat und die Gesellschaft geschützt werden müssen. Die Frage danach, woran sich Menschenrechte orientieren, wirft jedoch die grundsätzliche Frage danach auf, was der Mensch ist. Diese Frage ist nicht unproblematisch und kann aus verschiedenen Perspektiven (biologisch, philosophisch, anthropologisch, etc.) beantwortet werden.

In unserem Vortrag zeigen wir anhand von Beispielen die Problematik auf, dass die Rechte eines Menschen nur für diejenigen gelten, die als ‚Mensch‘ definiert bzw. anerkannt sind. Begriffe haben eine Begriffsgeschichte und bewahren ihre historische Bedeutung über lange Zeit. In der Geographie hat sich im Laufe der Geschichte des Faches verschiedene z.T. problematische Verständnisse des Begriffs Mensch etabliert. So kann u.a. unter dem Begriff ‚Mensch‘ die biologische Spezies Homo sapiens verstanden werden, die sich auf eine biologische und physische Realität des Menschen im Kontext eines spezifischen physisch- materiellen Raumes bezieht. Die biologisch-geographische Bestimmung der Realität des Menschseins fand im Geodeterminismus und Rassendenken im Fach Geographie problematische Auswüchse.

Aufgrund der begriffsgeschichtlichen Aufladung von ‚Mensch‘ sowie dessen implizitem Anthropozentrismus, kann es sinnvoller sein, von ‚Personen‘ statt von ‚Menschen‘ zu sprechen. Der Begriff ‚Person‘ betont, dass alle Individuen, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder Kategorie, Anspruch auf bestimmte Rechte haben und bietet so eine Alternative, die die Bedeutung der individuellen Persönlichkeit und Identität jedes Einzelnen hervorhebt. Des Weiteren bietet die Zuschreibung von Nichtmenschlichen als ‚Person‘ die Möglichkeit, besondere Schutzrechte einzuräumen. Der Vortrag diskutiert ausgehend von der Problematik um die Kategorie ‚Mensch‘ welche Bedeutung alternative Konzepte, wie der Begriff ‚Person‘ für die Geographiedidaktik haben kann.