Welche Theorien und Konzepte verwenden geographische Tourismusforschung und Tourismuslehrbücher? Eine Gegenüberstellung von Tourism Geographies und ausgewählten Lehrbüchern

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
HZ 3
Autor*innen
Marius Mayer (HS München)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag leitet in die Session „Theoretische Perspektiven und Konzepte für die geographische Tourismusforschung“ ein und präsentiert die Ergebnisse einer systematischen Literaturanalyse der Zeitschrift „Tourism Geographies“ sowie ausgewählter Tourismuslehrbücher.

Abstract

Diese Fachsitzung legt theoretische Perspektiven für die geographische Tourismusforschung dar. Als Einführung sollen die Ergebnisse systematischer Literaturanalysen vorgestellt werden, welche Theorieansätze und Konzepte in der (geographischen) Tourismusforschung/-ausbildung verwendet werden.

Für diese Untersuchung bietet sich eine systematische Analyse der einzigen tourismusgeographisch ausgerichteten, internationalen Fachzeitschrift an, „Tourism Geographies“. Dazu wurden sämtliche Aufsätze der Zeitschrift von 1999 bis Anfang 2022 (n=868) gefiltert (um Kurzberichte, Rezensionen, Nachrufe), die verbliebenen Artikel anhand der Abstracts verschlagwortet, die verwendeten theoretischen Ansätze und Konzepte exzerpiert, die methodische Orientierung (qualitativ vs. quantitativ, Mixed-Methods, Literature Review) sowie das detaillierte methodische Vorgehen vermerkt. Für die Auswertung wurde der Schwerpunkt auf die Theorien und Konzepte gelegt, die in mehreren iterativen Runden einer Mischung aus deduktivem und induktivem Kodieren unterzogen wurden. Als Ergebnis kristallisierte sich ein vorläufiges Kategorienschema an Theorien und Konzepten heraus, das in Folge für die Analyse von Tourismuslehrbüchern verwendet wurde. Die Lehrbücher geben den Stand kanonisierten Wissens und häufiger Lehrinhalte wieder.

Für diese Auswertung wählte eine Gruppe von sieben Tourismuswissenschaftler*innen per Abstimmung aus einer (nicht vollständigen) Grundgesamtheit von 89 deutsch- und englischsprachigen Tourismuslehrbüchern 28 Titel aus (vier pro Person) und exzerpierte die jeweils enthaltenen Theorieansätze bzw. Konzepte. Diese wurden in einem nächsten Schritt dem aus der Analyse von „Tourism Geographies“ hervorgegangenen Kategorienschema zugeordnet.

In diesem Zuge wird von folgenden Annahmen ausgegangen: i) die theoretisch-konzeptionelle Fundierung in „Tourism Geographies“ unterscheidet sich von den Inhalten tourismuswissenschaftlicher Lehrbücher; ii) im Verlauf des Bestehens von „Tourism Geographies“ ist ein Wandel der verwendeten theoretisch-konzeptionellen Aufhängung der Beiträge feststellbar; iii) ein konkreter Raumbezug der enthaltenen Theorieansätze und Konzepte ist eher die Ausnahme; iv) die Lehrbuchinhalte weisen untereinander relativ große Ähnlichkeit auf.

Ein erstes Ergebnis der vergleichenden Literaturanalyse von „Tourism Geographies“ mit den Tourismuslehrbüchern ist, dass in letzteren „kritische“ und poststrukturalistische Theorieansätze und Konzepte deutlich seltener sind – vermutlich aufgrund eines gewissen Time Lag-Effekts bis sich diese Ansätze in der Fachwelt durchsetzen und durch die Aufnahme in Lehrbücher quasi kanonisiert werden.