Wie erlebten Betroffene die Warnsituation vor dem Hochwasser im Juli 2021? Ergebnisse einer Online-Befragung

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 3.107
Autor*innen
Anna Heidenreich (Universität Potsdam)
Heather Murdock (Universität Potsdam)
Philip Bubeck (Universität Potsdam)
Annegret Thieken (Universität Potsdam)
Kurz­be­schreib­ung
Eine Onlinebefragung nach dem verheerenden Julihochwasser 2021 zeigt, dass viele Befragte aus den betroffenen Gebieten keine Warnung erhalten hatten. Warnwege und -inhalte, sowie individuelle Betroffenheit und Anpassungsverhalten werden mit Blick auf eine Verbesserung des Hochwasserrisikomanagements diskutiert.
Schlag­wörter
Hochwasserwarnung, Krisenkommunikation, Ahrtal, Risikowahrnehmung, Betroffenenbefragung

Abstract

Im Juli 2021 führte ein Starkregenereignis zu schweren Überschwemmungen in mehreren Wassereinzugsgebieten im Westen Deutschlands. Die Auswirkungen waren in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Rheinland-Pfalz (RLP) schwerwiegend: Es kam zu hohen Schäden an Gebäuden und der Infrastruktur sowie mehr als 180 Todesopfern. Das Starkregen- und Hochwasserereignis fand in den deutschen und internationalen Medien große Beachtung, wobei die Leistungsfähigkeit des Frühwarnsystems viel diskutiert wurde.

Anhand der Ergebnisse einer Online-Befragung mit 1351 Teilnehmern aus den betroffenen Gebieten in den beiden Bundesländern NRW und RLP wird die Warnsituation vor dem Hochwasserereignis Mitte Juli 2021 analysiert. Der Erhebungszeitraum erstreckte sich von Ende August bis Mitte Oktober 2021. Die Befragung thematisierte den Erhalt und die Wahrnehmung der Warnung, individuelle Betroffenheit und Anpassungsverhalten.

Die Ergebnisse zeigen, dass 35% der Befragten in NRW und 29% in RLP keine Warnung erhalten hatten. Von denjenigen, die eine Warnung erhalten hatten, unterschätzten 85 % die Schwere des Ereignisses. 46 % der Befragten wussten nicht, was zu tun sei um sich vor einem eintretenden Hochwasser zu schützen. Es wurden verschiedene Warninhalte berichtet. Viele Befragte wünschten sich verständlichere Warnungen und begrüßten die Nutzung zusätzlicher Warnkanäle. In multiplen Regressionsanalysen wurden Faktoren identifiziert, die mit einem höheren Maß an situativem Wissen über Schutzverhalten als Reaktion auf das Hochwasserereignis verbunden sind, darunter demografische Merkmale, Warnelemente, persönliche Erfahrungen und Risikowahrnehmung. Regionale Analysen zeigen Unterschiede zwischen verschiedenen Landkreisen sowie Wassereinzugsgebieten hinsichtlich der berichteten Betroffenheit und Warnsituation.

Anhand der vorgestellten Ergebnisse werden mögliche Schlussfolgerungen zur Verbesserung des Hochwasserrisikomanagements diskutiert.