Über Risse im Zusammenhang des gesellschaftlichen Stoffwechsels mit dem natürlichen Stoffwechsel und die Frage technologischer und systemischer Transformation für nachhaltige Entwicklung

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 5
Autor*innen
Julian Kuppe (Halle (Saale))
Kurz­be­schreib­ung
Die entscheidende geosoziale Frage ist diejenige nach den Ursachen der zerstörenden Dynamik im Verhältnis von Materialität und Gesellschaft. Aus der Darstellung der Widersprüche in den gesellschaftlichen Naturverhältnissen lassen sich Relationen konstruieren, die geeignet sind, sozial-ökologisch nachhaltige Verhältnisse zu ermöglichen.

Abstract

Was ist die geosoziale Frage oder was sind die geosozialen Fragen? Entscheidend ist in der gegenwärtigen Epoche der voranschreitenden Verschärfung sozial-ökologischer Krisen die Frage nach dem Verhältnis des Erdsystems zu den sozialen Systemen oder zum Gesellschaftssystem insgesamt. Geosoziale Fragen beinhalten daher Verhältnisbestimmungen. Die gegenwärtig zu beobachtenden Krisen gehen aus Spannungen, Widersprüchen und Rissen im Verhältnis von Materialität und Gesellschaft, im Verhältnis des gesellschaftlichen Stoffwechsels zum natürlichen Stoffwechsel, hervor. Der soziale Zusammenhang hat als Gesellschaftsformation eine Objektivität angenommen, die zu schwerwiegenden Störungen in der materiellen Objektivität des Erdsystems und damit zu einer grundsätzlichen Nichtnachhaltigkeit des bestehenden Systems führt.

Zu diesen Widersprüchen, die dargestellt werden müssen, um sie erkennen, verändern und überwinden zu können, gehört es, dass die Form der gegenwärtig bestehenden Technologien und Infrastrukturen, auf denen einerseits das Leben der Einzelnen beruht, andererseits das Leben bestimmt und beherrscht und zugleich die natürlichen Grundlagen des Lebens zerstört. Der dadurch produzierte abstrakte Raum als materieller Ausdruck des Regimes der abstrakten Zeit des Kapitals zerreißt und zerstört fortschreitend essentielle materielle Zusammenhänge der natürlichen Lebensgrundlagen. Die Analyse und Darstellung dieser Widersprüche in den sozial-ökologischen Verhältnissen erfordert einen ökologischen Materialismus, der sich auf Konzepte der kritischen Theorie und des ökologischen Marxismus bezieht, um die gegenwärtige Konstellation als Kritik zu rekonstruieren und Bedingungen des Überlebens angeben zu können.

Für die Möglichkeit der Überwindung der bestehenden Nichtnachhaltigkeit durch eine sozial-ökologische Transformation oder Revolutionierung der gegenwärtigen Produktions- und Reproduktionsverhältnisse ist es entscheidend, die Widersprüche zu rekonstruieren, die durch die gegenwärtige Form, in dem der gesellschaftliche Stoffwechsel organisiert ist, und die dadurch bestimmte Weise, in der er auf den natürlichen Stoffwechsel einwirkt, hergestellt werden. Genauso entscheidend ist es, die Form zu rekonstruieren, in denen durch das Alltagsleben der Menschen die Infrastrukturen und die gesellschaftlichen Verhältnisse aufrechterhalten und reproduziert werden, die sie bestimmen und die die natürlichen Lebensgrundlagen zunehmend zerstören.

Die Rekonstruktion der Dynamik der Zerstörung, die aus der Form der gegenwärtigen gesellschaftlichen Naturverhältnisse hervorgeht, ermöglicht es, die entscheidenden Mechanismen zu erkennen, die zu transformieren sind, um die nichtnachhaltige zerstörende Dynamik überwinden zu können. Als planetarische Bedingungen des Überlebens erhalten die Kritik des Alltagslebens und das Recht auf Stadt ihre entscheidende Bedeutung.