Geographies of killing and letting die (1/2)
Abstract der Sitzung
Angesichts der Intensivierung multipler Krisen von planetarischem Ausmaß werden Fragen rund um eine ungleiche Verteilung menschlicher und nicht-menschlicher Überlebenschancen zunehmend in kritisch-geographischen Debatten aufgegriffen. Dies betrifft Arbeiten der politischen Ökologie zu Dürre oder Artenversterben und Formen der Landnahme ebenso wie Beschäftigungen mit Grenzregimen oder der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Auch im Zusammenhang der Krise liberaler-demokratischer Staatlichkeit, neuen Konjunkturen von Rassismus sowie Feminiziden wird der systematische Ausschluss bestimmter Populationen von einem gesicherten (Über‑)Leben diskutiert. Drehten sich Beschäftigungen mit der staatlichen Regulation von Bevölkerung lange Zeit um die Mechanismen einer auf eine Intensivierung des Lebens gerichteten Bio-Politik, so wendet sich eine wachsende Zahl an Arbeiten daher inzwischen Formen der Nekro-Politik zu, also einer Politik, die Teile der Bevölkerung systematisch dem Tod anheimstellt.
Vor diesem Hintergrund möchte diese Sitzung unterschiedliche geographische Debatten miteinander in Austausch bringen, in denen ungleiche Bedingungen des (Über‑)Lebens, das Regieren mittels Töten und Sterbenlassen sowie die Geographien der Nekropolitik verhandelt werden. Welche Bedingungen führen dazu, dass Gruppen von Menschen und weitere Teile der lebenden Welt einen erzwungenen oder vorzeitigen Tod erleiden? Welche Rationalitäten und Techniken des Regierens können hierfür verantwortlich gemacht werden? Welche Machtverhältnisse, gesellschaftlichen Diskurse und wirtschaftlichen Strukturen werden dabei wirksam? Und wie manifestieren und strukturieren sich ungleiche Bedingungen des Lebens und Sterbens in geographischer Hinsicht?
Beiträge können einer Vielzahl von Themen und Fragestellungen nachgehen, z. B.:
- Tödliche Effekte ungleicher Gesundheits- und Wohnraumversorgung
- Zerstörte Ökosysteme und Ernährungsunsicherheit
- Narrationen des Aussterbens und Weltuntergangs
- Todbringende gesellschaftliche Naturverhältnisse
- Geographien des Schlachtens und der Fleischproduktion
- Enteignung, Überausbeutung und extreme Armut
- Rassismus und ontologisierende Entmenschlichung
- Töten und Sterbenlassen im Kontext von Grenzregimen
- Femizide, Homophobie und Transphobie
- Sterben in der Stadt, Sterben auf dem Land
- Orte des Sterbens und Räume der Vernichtung
- Geographien der Ignoranz und des Vergessens
- Praktiken und Kulturen des Erinnerns und Gedenkens
- Politiken der Re-Existenz und des Widerstands gegen Nekropolitik
Der Fokus kann auf empirischen, konzeptuellen oder methodischen Aspekten lieben. Ebenso sind Beiträge willkommen, die die geographische Wissensproduktion rund um Geographien des Tötens und Sterbenlassens kritisch reflektieren.