Sinnliche und affektive Geographien planetarer Gegenwart(en)
Abstract der Sitzung
Planetarische Zukünfte sollen in dieser Sitzung vor dem Hintergrund sinnlicher und affektiver Geographien planetarer Gegenwart(en) diskutiert werden. Wir wollen dem gestiegenen Interesse der Humangeographie an der sinnlich vermittelten Einbettung des Menschen in seine Umwelt auf die Spur kommen. Dabei kommt ein geographisches Denken in den Blick, das die Fähigkeit des Menschen, von seiner Umgebung betroffen oder affiziert zu werden, in den Fokus rückt. Bestandteil davon ist die Idee eines dezentrierten Subjekts, das nicht mehr als autonom handelnd, sondern als porös und sich mit seiner Umwelt entwickelnd gedacht wird.
Wir wollen in dieser Sitzung der Frage nachgehen, was diese Geographien für ein Verständnis der ökologischen Transformation beitragen können, die das gegenwärtige Leben auf unserem Planeten in Frage stellen. Hierbei wirft sich an erster Stelle die Frage auf, ob und in welcher Weise sich die Klimaerwärmung und damit einhergehende ökologische Veränderungen am eigenen Leib erfahren werden und diese Erfahrungen die Grundlage von verändertem Alltagshandeln oder sogar von Engagement werden können. Hiermit eng verbunden ist die Frage, wie dieses oftmals vage, am Rande des Bewussten angesiedelte Erleben sich in kollektives Agieren umsetzen kann. Die gegenwärtigen ökologischen Veränderungen zwingen den Menschen auch im globalen Norden, seine Umwelt am eigenen Leib zu spüren. Dies kann auch didaktisch genutzt werden, um für die sich verändernden ökologischen Rahmenbedingungen und die eigene Rolle im Weltgeschehen zu sensibilisieren. Erfahrungen mit entsprechenden Formen der Sensibilisierung stellen einen weiteren Fokus dieser Fachsitzung dar. In diesem Kontext kommt auch die Bedeutung affektiver und atmosphärischer Dimensionen der vielfältigen Kämpfe um Klima- und Umweltgerechtigkeit in den Blick. Ökologische Missstände werden dabei oft gemeinsam mit utopischen Vorstellungen gesellschaftlichen Zusammenlebens bearbeitet und „gefühlt“. Zudem wollen wir der Frage nachgehen, inwiefern die Forschung zu Affekten und Atmosphären mit einem starken Fokus auf das Hier und Jetzt auch die Effekte von Bildung, Sozialisation oder Mediendiskurse für das Verständnis des Erlebens miteinbeziehen kann. Im Kontext des Erlebens planetarer Gegenwarten vor dem Hintergrund globaler und sozialer Ungerechtigkeiten erscheint die Auseinandersetzung mit dieser Frage besonders dringlich.
Wir freuen uns auf Beitragsvorschläge, die sich auf Grundlage theoretisch fundierter empirischer Arbeiten oder theoretischer Überlegungen kritisch mit dem Potenzial sinnlicher und affektiver Geographien auseinandersetzten, um damit einen Beitrag zum Verständnis planetarer Gegenwart(en) zu liefern. Die Vorträge können auf Englisch oder Deutsch eingereicht werden.