Grüner Wasserstoff in der Energiewende: Mehr Energiegerechtigkeit oder grüner Extraktivismus? (2/2)

Fachsitzung
Sitzungs-ID
FS-382
Sitzungsreihe
Gehe zu: Teil (1/2)
Termin
Donnerstag (21. September 2023), 14:30–16:00
Raum
SH 2.104
Sitzungsleitung
Stefanie Baasch (Universität Bremen)
Henk Wiechers (BTU Cottbus-Senftenberg)
Kurz­be­schreib­ung
Grüner Wasserstoff gilt als ein zentraler Energieträger klimaneutraler Energiezukünfte. Diese Paper Session widmet sich humangeographischen Fragestellungen von Energiegerechtigkeit im Kontext von Wasserstofftransformationen und ihren Verflechtungen.
Schlag­wörter
Energiegeographie, Extraktivismus

Abstract der Sitzung

(Grüner) Wasserstoff gilt als ein zentraler Energieträger einer dekarbonisierten Energiezukunft zur Erreichung der EU-Klimaneutralitätsziele bis 2050 und als „Kernelement der Energiewende“ in Deutschland (BMWI 2020). Im Kontext ökologischer Modernisierungsstrategien soll grüner Wasserstoff als vielseitiger Energieträger in der Energiespeicherung, der Sektorenkopplung, als Grundstoff in und für die Dekarbonisierung von industriellen und chemischen Verfahren zukünftig klimaneutrale Produktionsprozesse, insbesondere in energieintensiven Sektoren der Stahl- und Chemieindustrie sowie im Mobilitätsektor (insbes. Flugverkehr, Schifffahrt, Schwerlasttransporte) ermöglichen. Wie und in welchen Sektoren die Umstellung auf Wasserstoff erfolgen soll, ist derzeit auch Gegenstand intensiver und vor allem technischer Forschungsaktivitäten. Parallel dazu werden - beschleunigt durch die aktuelle Energiekrise - auf politischer Ebene sogenannte „Energiepartnerschaften“ und damit einhergehende Forschungskooperationen (wie zum Beispiel dem H2 Atlas Africa) geschlossen, die Wasserstoffimporte in die Europäische Union und auch Deutschland ermöglichen sollen.

Aus Sicht multiskalarer Energiegerechtigkeit stellen sich dabei Fragen nach den Machtverhältnissen und strategischen Zielsetzungen von Wasserstoff-Diplomatie, Energiepartnerschaften, wasserstoffbasierter industrieller, regionaler und urbaner Transformationen und ihren sozialräumlichen Auswirkungen. Vor allem in der Politischen Ökologie werden seit längerem die Rohstoffbedarfe für europäische und deutsche Energiewendestrategien als grüner Extraktivismus und das Fortbestehen neoliberaler Entwicklungsprojektionen auf Länder des Globalen Südens kritisiert (Knuth et al. 2022; Brock et al. 2021; Sovacool 2021).

Diese Paper Session befasst sich mit humangeographischen Perspektiven auf Energiegerechtigkeit im Kontext von Wasserstofftransformationen und geht dabei in theoretisch-konzeptionellen oder empirischen Beiträgen beispielsweise folgenden Fragestellungen nach:

Welche Auswirkungen haben Wasserstoffexporte auf Energiewendestrategien in Erzeugerländern und -regionen?

Wie wird die Notwendigkeit globaler Kooperationsprojekte und Wasserstoffimporte in verschiedenen Akteurskonstrukten (z.B. Wasserstoffregionen, Wasserstoffnetzwerken) verhandelt und gerechtfertigt?

Welche potenziellen Gerechtigkeitskonflikte zeigen sich im Kontext urbaner Wasserstoffquartiere?