Transformation processes from a rural rustice perspective

Fachsitzung
Sitzungs-ID
FS-482
Termin
Freitag (22. September 2023), 11:00–12:30
Raum
SH 1.109
Sitzungsleitung
Luisa Geldbach (BTU Cottbus-Senftenberg)
Eva Eichenauer (Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung [A])
Sunna Kovanen (BTU Cottbus-Senftenberg)
Kurz­be­schreib­ung
In der Session sollen Potenziale einer Fokusverschiebung der Gerechtigkeitsdebatte auf ländliche Räume und Rural Justice herausgestellt sowie die Notwendigkeit einer Integration verschiedener räumlicher und zeitlicher Skalen aufgezeigt werden.
Schlag­wörter
Ländlicher Raum, Mensch-Umwelt-Beziehungen, Transformationsforschung
Renata Motta (Universität Heidelberg)
Lea Loretta Zentgraf (Universität Heidelberg)
We are fed up! Peasants and urban allies struggling for agrarian and food change

Abstract der Sitzung

Die Umsetzung der Energiewende, die zumeist in ländlichen Räumen Flächen in Anspruch nimmt, die Versorgung peripherer Regionen, eine steigende Anzahl von Klimaflüchtlingen aus landwirtschaftlich geprägten Regionen im globalen Süden, die Produktion von Nahrungsmitteln, Extraktion von Rohstoffen und Entsorgung von Abfällen aus Städten in ihren unmittelbaren wie weit entfernten Peripherien sowie zahlreiche weitere Beispiele zeigen, dass ländliche Räume vor großen Herausforderungen stehen, die Fragen raumbezogener Gerechtigkeit neu aufwerfen. Während die in Deutschland stark geführte Debatte um das Recht auf gleichwertige Lebensbedingungen sich auf die staatliche Wohlfahrtspolitik und damit den Nationalstaat als Maßstab von (Un‑)Gerechtigkeit bezieht, können Debatten um Klima‑, Umwelt‑, Energie- und Generationengerechtigkeit Gerechtigkeitsansprüche in einen globalen Kontext setzen, in dem auch der westliche Lebensstil in Frage gestellt wird. Gleichzeitig fokussiert die wissenschaftliche Debatte um Spatial Justice theoretisch wie empirisch zumeist urbane Räume. In der Beschäftigung mit Spatial Justice müssen jedoch auch die Spezifika und Diversität ländlicher Räume in den Blick genommen werden. Eine Erweiterung der Spatial Justice Perspektive um Rural Justice vermag dabei nicht nur eine empirische wie konzeptionelle Verschiebung, sie deckt auch Hierarchien und Machtkonstellationen innerhalb der Debatte um raumbezogene Gerechtigkeit auf, die ländliche Räume bislang marginalisiert und meist urbane Lebensverhältnisse als Referenzrahmen und Maßstab zum Vergleich bemüht. Auch politisch gewinnt die Perspektive auf ländliche Räume an Bedeutung, da ein relevanter Teil der aktuellen und zukünftigen Transformationsprozesse sich in ländlich geprägten Gebieten abspielen wird.

In der Session sollen Potenziale einer Fokusverschiebung der Gerechtigkeitsdebatte auf ländliche Räume und Rural Justice herausgestellt sowie die Notwendigkeit einer Integration verschiedener räumlicher und zeitlicher Skalen aufgezeigt werden. Dazu freuen wir uns über empirische und konzeptionelle Beiträge, die sich u.a. mit folgenden Fragen beschäftigen:

Wie können Umwelt- und Klimagerechtigkeit sowie das Recht auf gleichwertige Lebensverhältnisse im Kontext ländlicher Räume zusammen gedacht werden?

Wie beeinflussen Hierarchien und Machtkonstellationen räumliche bzw. ländliche Gerechtigkeit?

Welche Auswirkung haben historische Erfahrungen von Ungerechtigkeit in den aktuellen Transformationskonflikten?

Wie werden räumliche Identitäten, Subjektpositionen, Zugehörigkeiten und Ausgrenzungen in Gerechtigkeitskonflikten konstruiert?

Welche räumlichen Konflikte oder Lösungsansätze ergeben sich aus der Mobilisierung diverser zivilgesellschaftlicher Gruppen für Gerechtigkeit in ländlichen Kontexten?

Welche empirischen Ansätze zu gerechter Verteilung von Ressourcen oder Beteiligung zeigen sich? An welche Grenzen stoßen sie?

Wie kann Rural Justice operationalisierbar und messbar gemacht werden?