Erinnerungslandschaften im Wandel und Praktiken ortsbezogenen Erinnerns (2/2)

Fachsitzung
Sitzungs-ID
FS-240
Sitzungsreihe
Gehe zu: Teil (1/2)
Termin
Mittwoch (20. September 2023), 11:00–12:30
Raum
SH 1.104
Sitzungsleitung
Sebastian Kinder (Universität Tübingen)
Haik Thomas Porada (Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL))
Kurz­be­schreib­ung
Erinnerungslandschaften können als ein soziales Phänomen interpretiert werden, das sich aus dem Zusammenwirken von sozialen Praktiken, bedeutungsvollen Materialitäten, individuellen Erfahrungen und kollektiven Imaginationen der lokalisierten Erinnerung konstituiert. Die Sitzung diskutiert den Wandel von Erinnerungslandschaften und Praktiken ortsbezogenen Erinnerns in theoretisch-konzeptioneller wie auch empirisch-methodischer Perspektive.
Schlag­wörter

Abstract der Sitzung

Orte und Objekte der Vergangenheit können durch Erinnern für Zwecke der Gegenwart verfügbar gemacht werden. Individuelles Erinnern und kollektives Gedächtnis bilden in ihrem Bezug auf materielle Orte und Objekte des Erinnerns Arrangements, die in einer praxeologischen Perspektive als Erinnerungslandschaft gedeutet werden können. Praktiken der Erinnerung kontextualisieren bestimmte Orte als bedeutungsvoll in Bezug auf die Vergangenheit. Erinnerungslandschaften können in diesem Kontext als ein soziales Phänomen interpretiert werden, das sich aus dem Zusammenwirken von sozialen Praktiken, bedeutungsvollen Materialitäten, individuellen Erfahrungen und kollektiven Imaginationen der lokalisierten Erinnerung konstituiert.

Die in den letzten Jahren wahrnehmbaren gesellschaftlichen Unsicherheiten und Umbrüche haben zu verstärkten Diskussionen darüber beigetragen, was Gesellschaften wie und wo erinnern (u.a. Weltkriege, Holocaust, Kolonialismus, kommunistische Diktaturen). Praktiken des Erinnerns haben sich verändert: Das Aussterben von Erlebnisgenerationen führt zum Übergang vom kommunikativen zum kulturellen Gedächtnis und hat meist Einfluss darauf, dass sich Stellenwert, Bedeutungen und Ausdrucksformen bestimmter Erinnerungen verändern. Gesellschaftlicher und kultureller Wandel kann ebenfalls zu veränderten Praktiken des Erinnerns beitragen. Erinnerungslandschaften unterliegen also auch einem Wandel, indem sich die Relevanz und Bedeutungszuschreibungen individueller Erinnerungen und kollektiver Gedächtnisse verschieben, die damit verknüpften Materialitäten und Orte veränderten Priorisierungen unterliegen und die Praktiken des Erinnerns sich auf veränderte kulturelle Gewohnheiten einstellen. Als soziales Phänomen können Erinnerungslandschaften schließlich auch bestimmten Interessen und Intentionen unterliegen.

Eingeladen sind Vorträge, die das theoretische Konzept der Erinnerungslandschaften in der Geographischen Erinnerungsforschung weiterentwickeln. Ebenso sind auch empirische Studien in diesem Themenbereich erwünscht, die methodische Aspekte der Erforschung von Erinnerungslandschaften beleuchten.