Geographien der Luft: Teilchen, Technologien und Turbulenzen

Fachsitzung
Sitzungs-ID
FS-388
Termin
Donnerstag (21. September 2023), 14:30–16:00
Raum
SH 3.104
Sitzungsleitung
Malve Jacobsen (JGU Mainz)
Tino Petzold (Frankfurt)
Till Straube (Goethe-Universität Frankfurt)
Kurz­be­schreib­ung
In den derzeitigen Krisen wird Luft zu einem naheligenden Gegenstand für sozialwissenschaftliche Forschung. Diese Sitzung stellt räumliche Konzepte, sozio-technische Relationen und die soziale Produktion von Luft zur Debatte.
Indrawan Prabaharyaka (Humboldt-Universität zu Berlin)
Die Stuttgarter Kosmologie

Abstract der Sitzung

Seit knapp zehn Jahren gibt es in der Humangeographie und angrenzenden Disziplinen ein wachsendes Interesse an einem fluiden, komplexen und nahezu ubiquitären Stoff: Luft (siehe u.a. Adey 2014, Graham 2015, Philippopoulos-Mihalopoulos 2016). Luft transportiert Daten und Flugzeuge, stellt Verbindungen zwischen atmenden Lebewesen oder mit Krankheitserregern her und präsentiert sich in teils bedrohlichen Wetter- und Klimaereignissen. Gleichzeitig produzieren Menschen und Technologien etwa besonders kühle oder trockene Luft, teilen sie in Lufträume auf und messen ihr verschiedene Wertigkeiten bei.

Gerade in Krisenzeiten wird Luft in Dimensionen von Drohnen- und Luftangriffen, als Medium einer fortdauernden Erwärmung oder als Übermittlerin von Viren, Stickoxiden und Feinstaubpartikeln sichtbar. Die Räumlichkeiten und Materialitäten von Luft finden sich in Kontexten von verschiedenen Skalenebenen, Prozessen der Mobilität und Grenzziehung, der Erfahrung, Symbolik und Widerspenstigkeit wieder. Konkret äußert sich dies in Fragen der Umweltgerechtigkeit und politischen Ökologie sowie entlang von Themen wie der Versicherheitlichung des Luftraums, Luftqualität oder die technologische und juristische Regierbarkeit von Luft. Auch Momente der Verkörperlichung, gesundheitliche Aspekte und die affektive Wirkung von Luft sowie neue Technologien zur Messung und Modellierung von Luft sind aufkommende Forschungsfelder.

Dieser bisher fast ausschließlich anglophonen Debatte fehlt es zum einen an einer grundlegenden und übergreifenden Konzeptualisierung von Luft aus geographischer Perspektive. Zum anderen gibt es erst wenige empirische Studien, die sich näher mit der Materie auseinandersetzen. Wir möchten deshalb im Rahmen dieser Fachsitzung empirische und theoretische Beiträge versammeln, die sich unter anderem folgenden Fragen widmen:

Adey, P. 2014: Air. Nature and culture. Reaktion Books: London.

Graham, S. 2015: Life support. The political ecology of urban air. City, 19:2-3, 192-215.

Philippopoulos-Mihalopoulos, A. 2016: Withdrawing from atmosphere. An ontology of air partitioning and affective engineering. Environment and Planning D, 34:1, 150-167.