Machtsensible Anforderungen an die geographische Hochschullehre
Abstract der Sitzung
Jede Lehrpraxis ist in gesellschaftliche Machtverhältnisse eingebunden. Daher fordern Vertreter\*innen der feministischen Bildungskritik, anti-rassistischen und diskriminierungssensibler Bildungsarbeit oder des Gender-Mainstreamings an Hochschulen Forschende und Lehrende auf, die hochschulgeographische Vermittlungspraktiken und damit auch die Lehrhaltung gegenüber den Studierenden machtsensibler zu gestalten. Sie plädieren dafür, Wissen als situative, das heißt eng an die Positionalität der Akteure und an gesellschaftliche Interessen gebundene Praktiken zu begreifen, wissenschaftliche Erkenntnisse als verkörpert anzuerkennen sowie die Produktion von wissenschaftlichem Wissen selbst, als eingebettet in gesellschaftlichen Differenz- und somit Machtstrukturen zu verstehen (Wintzer, Komposch 2023). Eine Lehrpraxis, die sich nicht nur inhaltlich diesen Forderungen annimmt, sondern vielmehr als machtsensible Lehrhaltung in konzeptionelle und didaktische Kniffe überträgt, steht in einem neoliberalen Hochschulalltag der geprägt ist von einer grundsätzlichen „Geringeschätzung von Lehre“ (Schreiber, Carstensen-Egwoum 2021) vor Herausforderungen. Gleichzeitig experimentieren viele Lehrenden mit konkreten Lehrkonzepten und -methoden, die nicht nur zu einem machtsensiblen, sondern auch einer engagierten Lehr-Lernsituation betragen. In dieser Session freuen wir uns daher besonders, aber nicht ausschließlich über Beiträge, die….
- akademische Subjektpositionen als Lehrende und pädagogisches Handeln in der Hochschullehre machtkritisch reflektieren
- sich kritisch mit dem individualisierenden, fragmentierenden und kompetitiven Charakter bestehender geographischer Hochschullehre auseinandersetzen und Erfahrungen zu Alternativen skizzieren (z.B. Team Teaching, Slow Teaching, Lehrkollektive, Sensibilisierung von Lehrenden etc.).
- entlang einer rassismus‑, ableismus‑, klassismus‑, gendersensiblen Perspektive in den gängigen Kanon geographischer Vermittlungspraktiken im Hochschulkontext intervenieren.
- innovative und machtsensible Lehrveranstaltungsbausteine und Vermittlungsformate zur Diskussion stellen, die z.B. eine Reflexion der Situiertheit geographischer Wissensproduktion anstoßen, alltägliches Erfahrungswissen von Studierenden zum inhaltlichen und methodischen Ausgangspunkt ihrer Lehrpraxis nehmen oder mit Lernorten, -zeiten und Lernbeziehungen experimentieren.
Literatur
Schreiber, V.; Carstensen-Egwuom, I. (2021): Lehren und Lernen aus feministischer Perspektive. In: Autor\*innenkollektiv Geographie und Geschlecht (Hrsg.): Handbuch Feministische Geographien. Barbara Budrich (Berlin): 97-117.
Wintzer, J.; Komposch, N. (2023): Situiertheit, Verkörperung und Machtgeladenheit von Wissen. Lehrbausteine für eine diverse Wissensproduktion in der geographischen Hochschullehre. In: Cornelia Bading und Petra Panenka (Hrsg.): Universität – Macht – Wissen: Postkoloniale, feministische und partizipative Perspektiven im Kontext akademischer Lehre. Springer Spektrum HD.