Räume des sozial-ökologischen Transformationskonflikts um die Mobilitätswende (1/2)
Abstract der Sitzung
In Zeiten multipler sozial-ökologischer Krisen und eines wachsenden gesellschaftlichen Verständnisses, dass etablierte nicht-nachhaltige Lebensweisen diese Krisen hervorrufen, erfährt der Diskurs um die Mobilitätswende – die “Transformation” des Mobilitätssystems – eine konfliktreiche gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Gerade im Bereich Mobilität wird die Notwendigkeit eines grundlegenden und schnellen Systemwechsels zunehmend kontrovers diskutiert, was sich auch in Aktionsformen im Raum wiederspiegelt. In neueren kritischen sozialwissenschaftlichen und humangeographischen Arbeiten wird die gegenwärtige Automobilnutzung und -produktion als Repräsentation eines sozial-ökologischen Transformationskonflikts um Mobilität verstanden (Dörre et al. 2020; Mögele 2022). Aber auch andere Mobilitätsformen, z.B. Flugmobilität und Kreuzfahrten, stehen im gesellschaftlichen Diskurs auf Grund ihrer Emissions- und Ressourcenintensität stark in der Kritik. Der Transformationskonflikt um Mobilität wird oftmals empirisch in Form von konflikthaften materiellen sowie sprachlichen Manifestationen sichtbar, aber lässt sich auch in scheinbar wenig konfliktbehafteten Räumen, wie zum Beispiel Mobilitätsexperimenten analysieren.
In dieser Session möchten wir zusammen mit weiteren Vortragenden die vielfältigen Räume, Diskurse und Konflikte bezüglich der Transformation des Mobilitätssystems betrachten und diskutieren. Die Sitzungsleitenden bringen Forschungen zur IAA in München ein. Die Beobachtung der Proteste hat gezeigt, dass die Vereinfachung des Konflikts in pro vs. kontra Auto der Tiefe des Konflikts nicht gerecht wird. Vielmehr geht es darum, welche unterschiedlichen Ziele mit der Mobilitätswende verknüpft und verfolgt werden. Geht es um den Erhalt eines Geschäftsmodells mit hoher Gewinnmaximierung, lokale Nachhaltigkeit oder globale Klimagerechtigkeit?
In der Fachsitzung wollen wir durch die Öffnung des Blicks auf andere Verkehrsmittel als das Auto und Beiträge zu unterschiedlichen Konflikten um die Mobilitätswende die heterogene Akteurs- und Diskurslandschaft beleuchten. Hierzu laden wir Beiträge zu diversen Protest- und Aktionsformen sowie Abwehrmechanismen in verschiedenen Räumen des Konflikts um die Mobilitätswende ein. Welche unterschiedlichen Ziele und diskursiven Rahmungen der Mobilitätswende in diesen hervorgebracht werden und welche neuen Konflikträume und Allianzen sich hierdurch ergeben kann ebenfalls Teil der Beiträge sein. Dabei sprechen wir alle Teildisziplinen der Humangeographie sowie ihre sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen an.
Dörre, K., Holzschuh, M., Köster, J., and Sittel, J. (Hrsg.). (2020). Abschied von Kohle und Auto? Sozial-ökologische Transformationskonflikte um Energie und Mobilität. Frankfurt am Main: Campus Verlag.
Mögele, M. (2022). Regionale Automobilkulturen zwischen (Re)Produktion und Wandel. Eine kultursensitive Perspektive auf Süddeutschland. Fak. f. Geowissenschaften. München, LMU. PhD.