Widerspenstige Lebewesen und eigensinnige Materialitäten: Aktuelle Perspektiven der Mehr-als-menschlichen Geographien und der Tiergeographien (2/2)
Abstract der Sitzung
Posthumanistische Ansätze öffnen den Blick für die ko-konstitutiven Beziehungen zwischen einer Vielzahl an menschlichen und nichtmenschlichen Akteuren. Mit den Mehr-als-menschlichen Geographien und den Tiergeographien bilden sie inzwischen dynamische Forschungsfelder der deutschsprachigen Humangeographie (Schurr & Verne 2017; Fleischmann 2020; Poerting, Verne & Krieg 2020; Pütz & Schlottmann 2020, 2021; Steiner et al. 2022). Forschungsarbeiten untersuchen zum Beispiel, wie Menschen in komplexe Netzwerke mit Lebewesen, wie Tieren, Pflanzen oder Viren, eingebunden sind und wie die Interaktion oder Intraaktion dieser Akteure das Zusammenleben in einer mehr-als-menschlichen Welt ko-konstitutiv hervorbringt. So üben sie Kritik an einer anthropozentrischen Ausrichtung humangeographischer Forschungsarbeiten, indem sie weitere Lebewesen als relevante Akteure in die Untersuchung miteinbeziehen. Unter Einfluss der Akteurs-Netzwerk-Theorie (Latour 2005) und des New Materialism (Barad 2007; Bennett 2010) entstanden zudem Arbeiten, die die Eigendynamiken von Technologien und anderen widerspenstigen Materialitäten jenseits von Sprache und Repräsentation betonen. Gemein ist solchen Forschungsarbeiten, dass sie mit gängigen Binaritäten, wie Kultur/Natur, Mensch/Tier, Objekt/Subjekt brechen und stattdessen danach fragen, wie sich agency in relationalen Beziehungen zwischen Menschen und anderen nichtmenschlichen Entitäten entfaltet (vgl. Panelli 2010). In dieser Session möchten wir aktuelle Forschungsprojekte im Bereich der Mehr-als-menschlichen Geographien und der Tiergeographien im deutschsprachigen Raum bündeln, um aktuelle Schwerpunkte sowie künftige Entwicklungslinien zu beleuchten und gemeinsam zu diskutieren.